SPORT  15.05.2001

Frauenfussball - FC Bern Frauen

ALEX GERTSCHEN

Der Gewohnheit widerstehen
Die Frauenequipe des FC Bern hat zum zehnten Mal die Schweizer Meisterschaft gewonnen: Dank dem 2:0-Sieg gegen Zuchwil steht die Titelverteidigung bereits zwei Runden vor Schluss fest. Als nächste grosse Herausforderung wartet nun der Europacup.
 
Gegen die Macht der Gewohnheit kommt selbst der Volksmund nicht an: Äpfel dürfe man nicht mit Birnen vergleichen, heisst es. Doch für Mirjam Berz, Captain des Damenteams des FC Bern (DFCB), wird genau dies beim Vergleich zwischen Männer- und Frauenfussball getan - zum Nachteil der Fussballerinnen. Selbst ihr unterlaufe der Fehler automatisch, Technik, Kraft und Tempo jeweils gegenüber zu stellen, gibt die zurzeit verletzte Nationalspielerin zu. Dieser «Hemmschuh» des Frauenfussballs ist einer der Gründe für das mangelnde öffentliche Interesse, welches zur Nationalliga-A-Partie Bern gegen Zuchwil nur rund 50 Zuschauer ins Rund des Neufeldstadions angezogen hat. Zu einer Partie notabene, welche die Gastgeberinnen 2:0 gewinnen, damit den Titel aus dem Vorjahr verteidigen und der Aussage von Berz, Bern sei «die Hochburg des Schweizer Frauenfussballs», Nachdruck verleihen. 
 

Zu viel Routine im Siegen? 
Als um Viertel vor drei des Schiedsrichters Schlusspfiff die Begegnung beendet und sich die Bernerinnen zwei Runden vor Schluss den insgesamt zehnten Titel sichern, ist nur wenig Überschwang auszumachen. Zwar hüpft das Gros des Teams, einen Kreis bildend, jubelnd über den Platz. Doch bemerkt eine Spielerin Zuchwils auf dem Weg in die Kabine den Kopf schüttelnd, andere würden sich sicher ausgelassener freuen. Ist das Siegen in Bern schon zur Routine geworden? «Nein, sicher nicht», widerspricht Jacqueline Schweizer. «Zum einen haben die Spielerinnen das Ganze wohl noch gar nicht richtig realisiert, zum anderen arbeiten wir einfach sehr zielgerichtet. Deshalb bin ich nach dem Erreichen des einen Ziels in Gedanken bereits beim nächsten», erklärt die DFCB-Trainerin. Ein solches war auch der Europacup, welcher diesen Herbst erstmals ausgetragen und nur von den nationalen Meistern bestritten wird. Rund ums Erfolgsteam hütet man sich tunlichst, den Eindruck entstehen zu lassen, die nationale Konkurrenz sei keine Herausforderung mehr. Doch offensichtlich übt die europäische Gegnerschaft auf eine Equipe, die im bisherigen Championnat erst eine Partie verloren hat und ein Torverhältnis von 57:16 aufweist, einen besonderen Reiz aus.
 


Klar ersichtliche, aber
nicht grenzenlose Freude

Hoffnung in die Jungen 
National habe man halt schon alles erreicht, gibt Corina Theiler zu. Einen Cup und zwei Meistertitel hat die U-18-Nationalspielerin in ihrer jungenKarriere bereits gewonnen. Klar also, dass sie sich auf den Europacup freut. Von den Länderspielen her hat sie den Eindruck, der internationale Vergleich werde hart. Doch gerade auf ihrer Generation ruhen einige Hoffnungen des hiesigen Frauenfussballs. Neben den sechs Mitgliedern des Nationalteams der Aktiven figurieren fünf DFCB-Spielerinnen im Kader der U-18. Sie sind die ersten, die bereits seit klein auf im organisierten Klubfussball ausgebildet werden. Sie sind auch ein Erfolgsgeheimnis des Meisters. «Seit ich vor über zehn Jahren hierher kam, haben wir immer junge Spielerinnen aus der Umgebung geholt und gefördert», sagt Mirjam Berz. Der einstige Rivale Seebach, fügt Jacqueline Schweizer an, habe vor einigen Jahren diesen Generationenwechsel verschlafen und kämpfe deshalb mittlerweile gegen den Abstieg. Wie stark die Jungen sind, zeigte Corina Theiler auf dem Platz eindrücklich. Nachdem ihre Sturmpartnerin Sylvie Gaillard kurz vor der Pause die Führung erzielt hatte, gelang ihr in der 68. Minute mit einem Volleyschuss aus vollem Lauf das sehenswerte 2:0. Der Erfolgshunger ist damit aber noch längst nicht gestillt. Um den im neuen Basler St.-JakobPark ausgetragenen Cupfinal zu erreichen und die Hoffnung auf das erneute Double aufrechtzuerhalten, muss morgen Abend die Hürde Lugano übersprungen werden. Gleichzeitig spielen Liverpool und Alavés um den Uefa-Cup. Eine weitere Gelegenheit, zu üben, dem gewohnten Vergleich zu widerstehen... 

 

NLA: Rot-Schwarz Thun - Schwerzenbach 3:4. Sursee - Rapid Lugano 3:0. Yverdon - Bad Ragaz 1:1. Bern - Zuchwil 2:0. Seebach - Malters 6:5. - Rangliste (je 16 Spiele): 1. Bern 41. 2. Sursee 34. 3. Malters 31. 4. Rapid Lugano 21. 5. Schwerzenbach 21. 6. Seebach 21. 7. Zuchwil 19. 8. Bad Ragaz 16. 9. Rot-Schwarz Thun 13. 10. Yverdon 12. 

Bern - Zuchwil 2:0 (1:0) 
Neufeld-Stadion. - 50 Zuschauer. - SR Blaser. - Tore: 40. Gaillard 1:0. 68. Theiler 2:0. - Bemerkung: Bern ohne Berz (verletzt). 
Bern: Chamot; Wenger, Vonlanthen, Binswanger, Kessi; Schärer (46. Stotz), Burger, Meyer, Comte (66. Marti); Gaillard (76. Seewer), Theiler.

 

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