Schweiz - Irland, das Fussballspiel von heute Abend, ist ein omnipräsentes Thema in den Medien. Die laufende Frauenfussball-WM in den USA hingegen,
der Final findet am Sonntag statt, ist kaum zu finden. Woran
liegts?
Vergleichbar einfachere Fragen gehen mir durch den Kopf: Wer bestimmt, ob eine Sportart weiblich oder männlich ist? Sind Sie auch der Meinung, dass Frauentennis nicht mit Männertennis verglichen werden kann? Und warum vergleichen Sie denn Frauen- mit Männerfussball? Warum berichten die Medien über den lokalen 3.-Liga-Herrenverein öfter als über den lokalen, jedoch national bedeutenden NL-A-Frauenverein? Wer hat sich bis 1971 gegen das Frauenstimmrecht gestemmt und bis 1970 den Frauenfussball verboten? Warum denken Sie jetzt, dass sich die nächsten Zeilen nicht um den Sport, sondern um Geschlechter-Kampf drehen? Wie ist Ihre Einstellung zum Frauenfussball?
Lassen sie mich Ihnen helfen, einige verjährte Bewertungsgrundlagen auf den neusten Stand zu bringen. In den USA zum Beispiel wird Fussball ganz klar als weibliche Sportart angesehen (Männer sollen gefälligst Football spielen!). Jedes College führt mindestens ein Frauenfussball-Team, mit dem man sich stolz zeigen und messen kann. Die Frauenfussball-WM in den USA ist ein Grossereignis in der amerikanischen Sportwelt. Wäre unser Schweizer Frauen-Nationalteam dort, sie würden von hinten bis vorne beobachtet, analysiert und medienträchtig rapportiert. Oder denken Sie, in den USA interessiert sich jemand, ob sich die Schweizer Männer heute für die Fussball-EM qualifizieren oder nicht?
Viele Schweizer Fussballerinnen werden jedoch heute mit der Herren-Nati mitfiebern und ihnen die Daumen drücken. Eine treue, loyale Fangemeinde. Nicht nachtragend, dass sie kaum erwähnt wird, nicht schmollend, dass eine Schweizer Nationalspielerin genau ein Paar Fussballschuhe pro Saison erhält und ihre sämtlichen Ferientage für die Zusammenzüge der Frauen-Nationalelf opfert, ohne nur die kleinste Erwerbsausfallentschädigung. Einfach nur aus Riesenspass am Fussball und Freude, dass die Männer so erfolgreich sind.
In Deutschland wurde der Frauenfussball bis 1982 verboten (der erste offizielle Länderspielgegner war übrigens die Schweiz). Und heute steht die deutsche Auswahl im WM-Finale. Es gibt kein Medium, in der sie nicht ihren festen Platz hat. Warum also soll Fussball, gespielt von und gegen Frauen, eine Sportart sein, die nicht für Frauen geeignet ist (gemäss dem Schweizerischen Fussball-Verband SFV ist Frauenfussball die einzige Bewegung, die zunehmende Spielerzahlen zu verzeichnen hat. Frauenfussball-Fans rühmen zum Beispiel die taktisch- und technisch-orientierte Note und dass er nicht so hart zweikampfbetont und von finanziellen Aspekten beherrscht ist wie das männliche Pendant.
Es dreht sich bei beiden leidenschaftlich um die Kugel: Doch entgegen vielfacher Befürchtungen wird die Männerfussballdomäne nicht angekratzt. Denn Männerfussball ist eine männliche und Frauenfussball eine weibliche Sportart. Und die zweitere möchte nichts anderes als Akzeptanz. Neugierig? Morgen Sonntag, 13.00 Uhr, Stadion Neufeld, wird ein NL-A-Spitzenkampf ausgetragen zwischen Bern und Sursee. Schön, wenn Sie sich selbst eine Meinung bilden beziehungsweise die verjährte auffrischen würden.
(JACQUELINE SCHWEIZER*, 11.10.2003)
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