SPORT  09.10.2003

Frauenfussball
Die erste Schweizer Söldnerin
Bevor es in der Schweiz eine offizielle Frauenfussball-Liga gab, spielte Cathy Moser bereits in Italien. Später verhalf die Nationalspielerin der ersten Stunde dem FC Bern zu neun Titelgewinnen. 

Yvonne Vogel

Auf dem Berner Neufeld erinnert man sich noch an Cathy Moser - der ehemalige Platzwart Alfred Affentranger erkennt die langjährige FC-Bern-Spielerin sofort und freut sich über ein Wiedersehen. Obwohl Moser sich dort lange nicht mehr blicken liess. «Vor fünf Jahren habe ich mit dem Fussball endgültig abgeschlossen», sagt Moser, die heute in Thun lebt und in Bern als Selecta-Mitarbeiterin arbeitet. Das will aber nicht heissen, dass sie sich nicht ab und zu ein Spiel anschaut. So zum Beispiel die Frauen-WM, die zurzeit in den USA ausgetragen wird. 
«Was heute auf dem Feld geboten wird, ist natürlich in technischer wie taktischer Hinsicht nicht mehr mit früher zu vergleichen», muss die 52-Jährige zugeben. Da sehe man auch, dass die Spielerinnen heute besser und früher gefördert würden.

Wöchentlich gependelt

Als Cathy Moser in Suchy, einem Dorf bei Yverdon, mit Nachbarjungs und Freunden begann, gegen den Ball zu kicken - «es gab ja sonst nichts als Fussball» -, gab es in der Schweiz noch gar keine offiziellen Frauen-Klubs geschweige denn eine Liga. Mit dem Migros-Frauenfussball-Klub durften sie manchmal bei Turnieren oder Einweihungen von Sportanlässen ein Eröffnungsspiel bestreiten. Es gab aber auch schon inoffizielle Länderspiele, So wurde die damals knapp 18-Jährige von italienischen «Scouts» entdeckt und erhielt ein Angebot vom Mailänder Klub «Gommagomma».
Moser nahm die Herausforderung an. Zusammen mit ihrer Teamkollegin Madeleine Boll aus Sion fuhr Moser jedes Wochenende nach Mailand zu den Spielen. «Wir sind damals unheimlich viel gereist», erinnert sich Moser. «Und zum Glück hatte ich einen guten Lehrmeister, der mir auch freigab, wenn es sein musste. » Der Klub hat der angehenden Gärtnerin die Bahnfahrten bezahlt. «Anders wäre das mit meinem Lehrlingslohn von 150 Franken monatlich nicht möglich gewesen. »

Teamgeist war wichtig

Die Stürmerin erinnert sich gerne an ihre Pionierzeit in Italien, die schliesslich fünf Jahre dauerte. «Das war natürlich eine einmalige Chance, damals waren ja Auslandaufenthalte noch nicht selbstverständlich. Diese Erfahrung war unheimlich wertvoll. Wir hatten einen super Teamgeist und viel Spass zusammen. » Die Freude am Sport und das Team waren Cathy Moser auch immer das Wichtigste. 
Gab es denn keine Sprachprobleme? «Im ersten Jahr konnte ich kaum ein Wort italienisch», lacht Moser. Aber auf dem Platz haben die beiden Schweizerinnen mit den italienischen Spielerinnen trotzdem gut harmoniert. 

Sechs Jahre in der Nati

Nach fünf Jahren «Söldnerzeit» in Milano und Turin zog es Cathy Moser zurück in die Schweiz. Dem FC Bern blieb sie zehn Jahre lang treu. Und in der nationalen Auswahl war die Gärtnerin von der ersten Stunde an dabei und spielte bis 1978 in der Nati. 1972, im ersten offiziellen Länderspiel im Basler Rankhof, schoss Moser beim 2:2 gegen Frankreich beide Tore. «Dies ist mein Lieblingsfoto», sagt sie. Auf dem Bild sieht man die damals 21-Jährige vor rund 5000 Zuschauern jubeln. 
Auch als 36-Jährige war Moser noch eine wichtige Spielmacherin beim FC Bern. «Damals ging ich fast täglich joggen, um konditionell noch mithalten zu können. » Nach ihrer rund 18-jährigen Aktivkarriere - allein mit Bern holte sie insgesamt neun Cup- und Meistertitel -, trainierte die routinierte Fussballerin die Torfrauen von Rot-Schwarz Thun. Heute kickt die 53-Jährige nicht mehr. Sie hält sich mit Wandern oder Velofahren fit. Mit dem FC Bern fühlt sie sich noch verbunden, dem Verein eben, bei dem man sie noch kennt. 

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