Erste Niederlage in Baden

 FC Baden - FC Bern   3 : 2 (1:1)
Spieldatum

Samstag, 13.09.2003

Spielzeit 20.00h
Stadion ?
Schiedsrichter    Nicole Widmer
Zuschauer 100
Tore 22. min. 0 : 1 Theiler
31. min. 1 : 1 
75. min. 2 : 1 
78. min. 3 : 1 
88. min. 3 : 2 Grand
FC Bern Rosenkranz; Zufferey, Kessi, Schärer, Wenger; Häuptle (56. Meyer), Binswanger (75. Seewer), Löffel, Theiler; Grand, Gerber (56. Volante)
Bemerkungen Bern ohne Chamot (angeschlagen), Berz, Burger, Plüss (rekonvaleszent) und Thomet (U-17), dafür mit Rosenkranz, Meyer, Volante und Seewer vom "Zwöi"
Verfasserin: Meret Wenger

Für das fünfte Meisterschaftsspiel reiste Bern am Samstagabend zum bis anhin punktelosen Tabellenletzten. Im Vordergrund stand dabei, die mässige Leistung vom Mittwoch in Thun vergessen zu machen. 

Leider entwickelte sich ab der ersten Minute ein sehr ähnliches Spiel wie in Thun. Bern agierte mit sehr wenig Biss und verlor viele Zweikämpfe. Fast schien es, als hätten die Spielerinnen Angst, überhaupt in die Zweikämpfe zu gehen. Für Baden, das als unzimperliche Mannschaft bekannt ist, ging die Rechnung indes voll auf. Da seitens Bern wiederum die Bälle viel zu lange getragen wurden, luden sie die Gastgeberinnen geradezu ein, ihnen mit ihrem harten Einsteigen den Schneid abkaufen. 
Bern liess zwar häufig den Ball hinten herum schön zirkulieren, die entscheidenden Zuspiele nach vorne landeten aber viel zu oft in den Füssen des Gegners. Erneut wurde ausserdem auch viel zu wenig das Flügelspiel forciert, obwohl schnell ersichtlich war, dass Baden vor allem damit verwundbar gewesen wäre. Es war im Spiel der Gäste viel zu wenig Bewegung vorhanden. Einmal mehr wurde die Mitspielerin mit dem Ball allein gelassen, und es wurde auch nicht aufgerückt. Wenn dann ab und zu einmal ein Angriff über die Flügel gespielt wurde, sah sich die Ballführende damit konfrontiert, dass im Strafraum des Gegners höchstens eine Mitspielerin anzutreffen war. Was blieb in dieser Situation anderes übrig, als mit einer hohen Flanke den Kopf dieser einzigen Bernerin zu suchen? 

Für einmal waren die Bernerinnen auch im Abschluss viel zu zögerlich. Vor oder im Strafraum wurde bei erfolgversprechenden Möglichkeiten so lange zugewartet, bis eine Gegnerin den Ball wegschlagen konnte. 
In der 22. Minuten konnte Bern trotz allem standesgemäss in Führung gehen. Theiler verwertete eine scharfe Hereingabe von Grand. Anstatt sich durch diesen Treffer zusätzlich motivieren zu lassen, spielte der Tabellenzweite aber weiter im früheren Trott. Nur zehn Minuten nach dem Führungstor kamen die Aargauerinnen zu einem Freistoss hart an der Grenze des Sechzehnmeter-Raumes, den sie gekonnt direkt verwerteten. In der Pause resultierte entsprechend für Bern nur ein mageres 1:1. Es kam aussen bei einigen Zuschauern das Gefühl auf, die Spielerinnen würden darauf spekulieren, dass man das Spiel dann schon noch so einfach "heimschaukeln" könne (lag es wirklich an der Einstellung?!).

In der zweiten Halbzeit lief lange nicht viel. Zwar rannten die Hauptstädterinnen an, jedoch meistens ziemlich kopf- und fantasielos. Die Rechnung für dieses mässige Spiel bekamen die Bernerinnen in der 75. Minute präsentiert, als die Gastgeberinnen nach einem zu kurz abgewehrten Eckball durch ein Kopftor mit 2:1 in Führung gehen konnte. Als Folge davon entblösste Bern (etwas früh) die Defensive und fing nur drei Minuten später durch einen Konter das dritte Gegentor ein.
Wer nun aber dachte, dies sei das Ende, sah sich getäuscht. In der letzten Viertelstunde zog Bern ein veritables Powerplay auf und drängte den Gegner in dessen Platzhälfte zurück. Plötzlich war die lange vermisste Aggressivität in den Zweikämpfen vorhanden. Die Bernerinnen versuchten nun auch, konsequent über die Flügel zu spielen. Es war zu sehen, dass jede daran glaubte, noch das eine oder andere Tor schiessen zu können, und es waren auch Chancen zu Toren vorhanden. Am Ende konnte Bern aber durch einen direkt verwandelten Freistoss von Grand nur noch Resultatkosmetik betreiben und ging zum ersten Mal in dieser Saison ohne Punkte vom Platz.

Es stellt sich die Frage, warum es bei Bern gegen vermeintlich schwächere Gegner immer erst klappt, wenn man schon (fast) mit dem Rücken zur Wand steht. Wenn die richtigen Lehren aus diesem Spiel gezogen werden, kann diese Niederlage jedoch durchaus heilsame Wirkungen haben.

Anmerkung der Redaktion:

Merkwürdig scheint mir die Tatsache, dass nach den meisten Siegen jede sehr flink ist, noch irgend etwas zu finden, das man/sie hätte besser machen können. 

Dabei wäre doch ein "Zfriede si, u doch nid zfriede gä" die meines Erachtens befriedigendere, weiterbringende Betrachtungsweise.

Nach einer Niederlage ist man dann erstmal ratlos, bis man rasch mal herausfindet, was die und jene hätten besser machen können. Es ist ein Missverstand, zu glauben, obiges Motto könne man kehren in "Sich säuber zfriede gä, u doch unzfriede si" 

Es gibt nichts lehrreicheres als eine Niederlage - sofern man daraus etwas lernen will.

Und der Ansatz dazu liegt für mich ganz klar im Kopf, der nun mal eines jeden Denkweise bestimmt.
Jeder Gedanke steuert die Aktion, jede Aktion die Reaktion. Ein gedachtes "Es geit de scho" kann logischerweise nur zur Aktion "ich muss mich dafür nicht mal bewegen/engagieren, so einfach geht das heute". Die Reaktion (sprich das Ergebnis) war nichts anderes als die Vollkommenheit dieses Gesetzes. 

Was lernen wir also daraus (oder holen es in unser Bewusstsein zurück)? Jede bestimmt zu jeder Zeit die eigenen Gedanken: Ob sie handeln will, oder lieber behandelt wird, ob sie Mitspielerinnen aufbaut, oder sie runterzieht, ob sie sich engagiert, oder längst aufgegeben hat. Es ist alles eine Frage der Gedankensteuerung - positiv oder negativ.

Und wenn wir diese Einsicht daraus ziehen - dann erhält die Niederlage, wozu sie geschaffen ist - einen Sinn, einen Zweck.

"Es ist nicht genug zu wissen,
man muss es auch anwenden.
Es ist nicht genug zu wollen,
man muss es auch tun."
Johann Wolfgang von Goethe

 

Und eine weitere, letzte Bemerkung:
Ich sah ein Team, dass nach 0:1-Führung den 2:1-Rückstand hinnehmen musste - und mich positiv überraschte, indem es nicht nervös, sondern ruhig blieb.
In der Ruhe liegt die Kraft.
Darauf sehr bald das 3:1. Und dann fragte ich mich, wo die Kraft hin ist. Ich wünschte mir eine kräftige, lautstarke, im Team widerhallende Reaktion. Und dies hat nichts mit dem Alter, sondern mit der persönlichen Grösse zu tun.
Wo blieb sie denn, diese Kraft?

Ich bin mir sicher, es kommt ein kraftvoller Sinneswandel...

 

 

 

 

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